(Un)sagbar

Zwei unserer Blogger*innen haben gesprochen und geschrieben über die Nutzung des öffentlichen Raums, über die Akademisierung des Theaters und über das, was sie beim OUTNOW! gesehen haben. Rausgekommen ist dabei ein Text, der Eindrücke des Festivals einzufangen versucht.

© Mareike Rabea Knevels

Ein leerer Kaffeebecher wird zum Aschenbecher. Autos rumpeln über das Kopfsteinpflaster vor dem Bremer Theater. Wir sprechen über Schuld und die Performance Hitler Baby One More Time, fragen nach der Rolle des Theaters im Jetzt und lehnen schief an einem Steinpoller am Goetheplatz. 

Hoch über dem Theatereingang sind Lautsprecher installiert, aus denen die Audio Performance SPRECHRAUM des Künstler*innen-Kollektivs cindy+cate erklingt.

Sie soll das (Un-)Sagbare aus dem digitalen in den öffentlichen Raum holen. (Un-)Sagbare Sätze mischen sich in Satzfragmente Vorbeilaufender. Eine Sport-Limousine dröhnt mit Italo-Beat darüber hinweg. Außer uns befinden sich noch drei weitere Personen auf dem Platz, die zuhören. Ab und an schleichen welche auf dem Platz herum, kommen vorsichtig dazu, schüchtern, schauen verwirrt und gehen dann doch wieder. Immer wieder fährt eine Straßenbahn vorbei, irgendwo reden Menschen lauter als der Sound der Installation und dann ziehen Regenwolken auf – sollen wir rein?   

Die Frage nach Teilhabe

Öffentlicher Raum ist mit gesellschaftlicher Teilhabe verbunden. Kunst und Kultur soll hier für jede*n zugänglich werden, bei vielen Anstoß zum Denken oder Handeln wecken. Aber wenn wir ehrlich sind, dann ist schnell klar, dass der öffentliche Raum nicht für jeden Menschen gleich zugänglich ist.      

Wer nimmt im (öffentlichen Raum) hier teil? Für wen ist die Audio Performance (Installation) zugänglich?

Das ist nicht nur eine Frage der Installation, sondern auch eine Frage des Festivals, des Theaters. Wir wollen viel, wir wollen weiter, aber wie kommen wir voran?  

Viel passiert nicht. Der Platz bleibt leer.

Die Feuilletons, Buchkritiken werden seit Jahren geringer. Schreiben die Feuilleton*innen nicht sowieso schon für die eigene Blase? Wir schreiben ja auch für eine Blase, für die Blase des OUTNOW!, vielleicht darüber hinaus, ganz sicher sind wir uns da nicht.

Die Frage, für wen mensch schreibt, ist eine wichtige Frage. Kunst, Theater, Kultur erheben den Anspruch, Gesellschaft zu verändern, mitzugestalten. Aber wie gelingt das dem akademisierten Theater? 

Akademiker*innen urteilen über  Akademiker*innen. Die Biografien der Künstler*innen sind Lebensläufe durch nationale und internationale (Kunst-)Hochschule. Begleitet von dem Wunsch, die Strukturen zu durchbrechen, werden die Strukturen dann doch wieder reproduziert …

… allein dieser Text reproduziert diesen Diskurs. 

Wir reden über akademisierte Künstler*innen, über die Frage von Zugang, wir reden immer ÜBER etwas und jemensch, aber wann reden wir denn mal MIT den Menschen? Mit den Menschen aus Bremen, mit den Menschen vor Ort: Was wünscht ihr euch? Wie fandet ihr es? Das klingt auch alles irgendwie super pathetisch. 

Überwindend das Gezeigte Barrieren? 

Wer kommt zum Outnow-Festival, wenn es Präsenz stattfindet?

Ist nicht der Stream noch eine weitere Barriere? Es wird immer darüber gesprochen, was für eine Chance die Digitalisierung ist – und das ist sie bestimmt, aber es fehlt auch etwas, Dinge gehen verloren. Die Begegnungen auf dem Festival zwischen Künstler*innen, Menschen des Festivals und den Bewohner*innen – wo sind die? 

Wir sind unzufrieden, weil immer alles so pathetisch klingt, so gehoben, selbst auch wieder so akademisch. Das nervt.

Lea Terlau und Mareike Rabea Knevels